Sonntag, 18. Januar 2015
Abraham: Herrscher, Flüchtling, Zuhälter oder Eine Frau wird verschachert (Gen. 11,10–12,20)
Von Noah geht es über elf Generationen zu Abraham und seinen Brüdern Nahor und Haran. Familiär stiften die drei Brüder etwas Verwirrung: Nahor heiratet Harans Tochter Milka, also seine Nichte, und Abraham, selbst kinderlos mit Sara, nimmt sich Harans Sohn Lot an, nachdem Haran früh verstorben ist.
Abraham wird schnell als bedeutendster Spross der Familie herausgestellt. Gott stellt ihn unter seinen besonderen Schutz und sagt seinen Nachfahren die Herrschaft über Kanaan zu, doch als Abraham dort ankommt – mit Sara und Lot – grassiert dort eine Hungersnot. Also reist die Familie nach Ägypten. Und dort verschachert Abraham seine Frau: Weil er aufgrund ihrer Schönheit befürchtet, ermordet zu werden, damit sie an einen anderen gehen kann, gibt er sich als ihr Bruder aus „auf dass mir’s wohlgehe um deinetwillen und ich am Leben bleibe um deinetwillen.“
Und so kommt es auch: Der ahnungslose Pharao schnappt sich Sara als Nebenfrau und stellt Abraham in seine Gunst. Abraham wird reich und hat offenbar kein Problem damit, dass seine Frau beim Pharao ausharren muss. Gott sieht das offenbar anders, denn er sendet „große Plagen“ über das ägyptische Herrscherhaus. Der Pharao fühlt sich betrogen, gibt Sara frei und lässt Abraham mit seiner Frau und seinen Reichtümern ziehen.
Irgendwie eine deprimierende Geschichte. Hungernot hin oder her. Dass Abraham nicht nur sein Leben rettet, indem er seine Frau als Schwester ausgibt und für andere Männer verfügbar macht, sondern dass er sich auch noch bereichert, lässt ihn ziemlich negativ dastehen. Aus dem Wirtschaftsflüchtling ist ein Zuhälter geworden.

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Vom Turmbau, allgemeiner Verwirrung, dem großen Miteinander und einem göttlichen David Bowie (Gen. 11,1–11,9)
Diese Geschichte kommt in der Bibel dafür, dass sie so bekannt ist, doch ziemlich kurz daher. Der Turmbau zu Babel wirkt wie eine Wiederholung des Sündenfalls: Die Menschen nähern sich an Gott heran, scheinen wie er zu werden, drohen, den Herrn ersetzlich zu machen.
Wir befinden uns „im Lande Schinar“ irgendwo im Nahen Osten. Die Menschen lassen sich dort nieder und bauen eine Stadt und darin einen Turm, „damit wir uns einen Namen machen.“ Haben sie geschafft: Weil sie mit ihrem imposanten Bauprojekt Gott aufgeschreckt haben und er sie in alle Welt verstreut hat. Der Turm konnte so natürlich nicht fertig werden.
Das ist nun also die traurige Erkenntnis: Die Menschen könnten, da ist sich Gott sicher, schlichtweg alles erreichen, „was sie sich vorgenommen haben zu tun.“ Wenn sie nur nicht in verschiedenen Sprachen sprechen würden. Wenn sie sich doch nur verstünden.
Und nun? Sollen wir uns in die göttliche Zerstreuung fügen und uns fremd bleiben und jeder unser Süppchen kochen? Oder das gegenseitige Verstehen versuchen und gemeinsam nach Höherem streben? Die Antwort ist doch ziemlich leicht, lautet die Botschaft des Turmbaus von Babel doch: (Nur) Gemeinsam könnten wir Götter sein. Oder wie David Bowie sagen würde: „We could be heros.“

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Mittwoch, 14. Januar 2015
Mit Volldampf durch die Generationen, nur warum? (Gen. 10)
Wie langweilig! Als würde die Großmutter zur Verdauung zwischen zu deftigem Mittag und übersüßem Kaffee den nur noch ihr bekannten Geburtstagskalender eines Dorfes runterbeten, das längst weggebaggert wurde: Die Völkertafel.
Die Grundaussage ist offenkundig: Alle Völker, die sich in alttestamentarischen Zeiten im Orient rumtrieben, gehen auf Noah zurück. Der potente Kerl und seine drei Söhne haben die Arkiter und Arwaditer, die Kasluhiter und Kaftpriter begründet, aber die kennt heute alle keiner mehr. Also, was soll’s? Ein ‚Hey, denkt mal nach. Wenn nur Noah & Söhne die Sintflut überlebt haben, von wem stammen dann alle Menschen nach dem großen Regen ab?‘ hätte es wohl auch getan.

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Dienstag, 13. Januar 2015
Zwei, sieben und wieder zwei Tiere, vierzig Tage Regen und der süßliche Geruch des Massensterbens oder Gott kapituliert vor der Bosheit des Menschen (Gen. 6,5–9,28)
Die Sintflut ist der erste spektakuläre Eingriff Gottes in seine Schöpfung. Dass sie nicht perfekt ist, muss ihm schon gleich zu Beginn aufgefallen sein, als Adam und Eva gegen sein Verbot verstießen. Später scheint er nicht gerade begeistert davon gewesen zu sein, dass sich sein Hofstaat mit den menschlichen Frauen einlässt. Immerhin zog er eine breitere Trennlinie zwischen die Menschen und die Seinen: Der Mensch lebt kürzer und früher oder später von Gott getrennt.
Elf Generationen nach der Schöpfung, zur Zeit Noahs, ist die Menschheit vollkommen verdorben und Gott hat genug, nicht nur von den Menschen. Er gibt gleich die ganze Schöpfung auf: Alles „Fleisch, darin Odem des Lebens ist“, soll kurzerhand von einer riesigen Flut weggeschwemmt werden.
Einzige Ausnahme: Noah. Er bekommt den Auftrag, sich und Teile der Lebewesen zu retten. Auf einem Schiff sollen er, seine drei Kinder und aller Frauen, dazu von sämtlichen Tieren – ja, wie viele eigentlich? – die Flut überdauern. Erst befielt Gott, dass „je ein Paar“ (Gen. 6,20) an Bord gelassen soll. Dann heißt es, von den reinen Tieren sollen sieben, von den unreinen zwei Stück gerettet werden (Gen. 7, 2). Was aber sind reine Tiere, was unreine? Und wie sollen sieben Tiere exakt „paarweise, je ein Männchen und Weibchen“ (Gen. 7,8) auf die Arche kommen? Und warum macht Noah das alles mit? Er versucht nicht, Gott von seiner Zerstörungswut abzuhalten. Er warnt seine Mitmenschen nicht. Er versucht nicht, ein paar von ihnen mit an Bord zu schmuggeln. Er ist einfach nur Befehlsempfänger und willfähriger Diener. Er hat kein Gewissen, keine Skrupel, kein Mitleid. Ein sehr unsympathischer Typ.
Vierzig Tage regnet es, 150 Tage steht das Wasser, dann „gedachte Gott an Noah“ – hatte ihn offenbar zwischenzeitlich ganz vergessen – und spülte die Arche auf den Berg Ararat. Er stellt den Regen ein, der Pegel sinkt. Obwohl Noah vom Berg aus eigentlich die beste Sicht haben müsste, schickt er einen Raben und drei Tauben – offenbar ein reines Tier – aus, um sich zu versichern, dass die Flut auch wirklich zurückgegangen ist. Ein ängstlicher Mensch, ein akkurater Beamter Gottes? Erst als der Herr ihn dazu auffordert, wagt sich Noah aus der Arche.
Als erstes errichtet er einen Altar und „opferte Brandopfer“ – „von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln.“ Egal, welche Tiere nun nach alttestamentarischer Hygieneordnung als rein oder unrein gelten: Noah scheint hier ganze Massen von Tieren niedergemacht und abgefackelt zu haben. Den widerwärtigen Gestank nimmt Gott als „lieblichen Geruch“ auf – und lässt Gnade walten: Weil er eh nicht ändern kann, dass der Mensch nun mal „böse von Jugend auf“ ist, will er „nicht mehr die Erde verfluchen.“ Aber sich ganz überlässt er die Menschen dann doch nicht, noch vor den zehn Geboten gibt Gott ein paar Regeln aus: Kein Blut essen, kein menschliches Blut vergießen. Sonst Kopf ab. Gewissermaßen.
Und noch eins: Er schließt mit Noah einen Bund. Dessen Zeichen ist ein Regenbogen. Fortan sollen Noahs Söhne die Welt bevölkern und beherrschen. Aber Sem, Ham und Jafet sind nicht gleich lieb. Zugegeben, Noah provoziert es auch ein bisschen: pflanzt erst mal einen Weinberg und füllt sich ab. Im Rausch liegt er nackt im Zelt. Das Ende einer Orgie. Ham sieht ihn so und erzählt es erstmal brühwarm seinen Brüdern. Die stolpern rückwärts mit einem Kleidungsstück in der Hand in das Zelt, die Augen bloß nicht auf den Vater gerichtet, und bedecken den Nackedei.
Das Ende vom Lied: Ham hat geguckt und ist deswegen schlecht – Gott wurde in seiner Meinung bestätigt und hält sich an sein Versprechen. Keine zweite Sintflut. Ham wird nicht vernichtet, sondern zum Gründervater der Kanaaniter. Ohne mehr über dieses Völkchen zu wissen, steht so schon fest: Von denen ist nichts Gutes zu erwarten.

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