Sonntag, 8. Februar 2015
Die zehn Gebote - und einige andere (Ex. 19,1 - 40,38)
Zuerst geht es aus Ägypten raus - und dann stagniert die große Reise schon auf der nahen Sinai-Halbinsel, im Niemandsland der Wüste. Hier stellt Gott dem Mose die zwei Gesetzestafeln aus, während Aaron aus Langeweile das goldene Kalb anbetet, worüber Moses aus Wut die Gesetzestafeln zertrümmert. Aber alles ist halb so schlimm: Gott holt die Sicherheitskopie raus und Aaron, ausgerechnet der Abtrünnige, wird zum obersten Priester erkoren.
Mitten in der Wüste formt sich also die Gemeinschaft. Oder besser: Sie wird von außen geformt. Denn so richtig Bock auf Gottgläubigkeit haben die Israeliten nicht gerade. Immer wieder murren sie, zweifeln, verweigern sich. Einmal lassen sie alle menschliche Vernunft und Obrigkeitsliebe fahren und "standen auf, um ihre Lust zu treiben." Der Mensch lässt sich nur mühsam zähmen.
Moses nun versucht, die zehn Gebote und ein paar mehr durchzusetzen: Wer die Eltern flucht, soll sterben. Wer Inzest treibt oder "einem Vieh beiwohnt", der soll ebenfalls "des Todes sterben." Klare Regeln sollen das Miteinander der 600.000 Emigranten nicht in einem Chaos enden lassen. Und nebenbei wird die Gottverehrung festgeschrieben: Dafür gibt es einen Opferaltar, eine Stifthütte mit Vorhof, die Bundeslade, in der die Gesetzestafeln aufbewahrt werden, und vieles mehr, das teuer und aufwändig hergestellt werden muss. Am Altar darf das Feuer nicht ausgehen und müssen zu allen möglichen Anlässen Opfer verheizt werden: Dankopfer, Bußopfer, Speiseopfer ... "Dass niemand vor mir mit leeren Händen erscheine!", lautet die Order. Und es dürfen nur die besten Tiere geopfert werden, die ohne Makel. Nur das Beste ist gut genug, um im Namen Gottes verbrannt zu werden. Was für ein Irrsinn!
So geht es über viele Seiten und durch viele Kapitel mit allerhand Regeln, die den Willen zur Vergemeinschaftung zeigen, aber aus heutiger Sicht recht unbrauchbar, weil veraltet sind. Der beste Satz im ganzen zweiten Buch Mose: "Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen und nicht so antworten vor Gericht, dass du der Menge nachgibtst und vom Rechten abweichst." Das ist noch aktuell, wird wohl nie gestrig.

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Freitag, 30. Januar 2015
Ausgerechnet ein Mörder! (Ex. 1,1–6,30)
Die Lage ist ziemlich angespannt ein paar Generationen, nachdem die Israeliten um Jakob und seine Söhne nach Ägypten gekommen sind: Der Pharao muss eines Tages feststellen, dass es mehr Israeliten als Ägypter in seinem Land gibt und er befürchtet, dass sich die Herrschaftsverhältnisse irgendwann zugunsten der fremden Mehrheitsbevölkerung umkehren könnten. Also greift er zu einem drastischen Mittel der Bevölkerungspolitik: Er lässt alle hebräischen Söhne töten.
Aber Moses überlebt, ausgerechnet durch die Tochter des Pharao, die den Jungen scheinbar hilflos auf den Nil treiben sieht und rausfischt. Tatsächlich haben Mutter und Schwester die ganze Zeit ein Auge auf den Jungen. Die Herrschertochter ist nun so blöd, der bereitstehenden Frau das Kind anzuvertrauen, ohne zu durchschauen, dass es sich dabei um die Mutter handelt.
Nun gut, später wächst Moses im Haus des Pharao auf, aber es bleiben Differenzen. Wahrscheinlich ist er in die Hofgesellschaft und die Herrscherfamilie nicht sonderlich gut integriert und wird auf seine andere Abstammung hingewiesen. Wie sonst käme er dazu, bei einer Prügelszene zwischen ägyptischem Aufseher und quasi versklavtem Hebräer für den Unterlegenen Partei zu ergreifen?
Moses ermordet den Ägypter und flieht, nachdem das bekannt wird. Er heiratet im Exil eine entfernte Verwandte und kehrt schließlich nach Ägypten zurück, da Gott ihm befohlen hat, die Hebräer aus der Knechtschaft zu führen. Ausgerechnet ein Mörder, der sich schwer tut, öffentlich zu sprechen, soll das auserwählte Volk in ein Land führen, „darin Milch und Honig fließt.“ Eine seltsame Konstellation. Oder auch nicht: Hier scheint ein politisch motivierter Mord an einem kulturell Anderen okay zu sein. So viel zum friedliebenden Gott.

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Arme Ägypter! (Ex. 7,1–15,21)
Eine Textstelle, die es ordentlich in sich hat: der Auszug der Israeliten aus Ägypten. Kennt ja wohl jeder. Im Detail aber eine ziemlich miese Nummer von Gott. Denn die Hebräer wollen ja gar nicht aus Ägypten raus. „Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen“, rufen sie Moses zu, der vom Herrn den Auftrag erhalten hat, sein Volk in die Wüste zu führen.
Und genau hier liegt der tiefere Sinn: Es geht gar nicht darum, den Pharao und ganz Ägypten mit allerlei Plagen zu überziehen, bis er endlich die Hebräer freigibt. Nein, die Plagen dienen vielmehr dazu, die Hebräer davon zu überzeugen, dass Moses im Namen Gottes agiert. Immer wieder stellt Gott klar, dass nicht der Pharao störrisch ist, sondern dass Gott es ist, der des Herrschers Herz „verstocken“ und „verhärten“ lässt. Der Pharao wird also hartherzig gemacht und Moses führt nun ein paar Zaubertricks vor und verkündet Plagen, die in dem Mord an allen ägyptischen Erstgeborenen ihren grausigen Höhepunkt haben. Und das alles nur, um die Hebräer dazu zu bringen, mit Moses zu ziehen.
Noch im Meer – wohin Gott den Pharao mit seiner Armee geführt hat – wollen die Ägypter am liebsten allesamt zurück. Aber der Herr will den Hebräern seine „Herrlichkeit“ demonstrieren und bringt den Tod über die Ägypter. Und Moses stimmt angesichts dieses hirnlosen Mordens ein Liedchen an, zu dem seine Schwester Mirjam die Pauke schlägt. Bekloppter geht es wirklich nicht. Die armen Ägypter!

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