Sonntag, 18. Januar 2015
Vom Turmbau, allgemeiner Verwirrung, dem großen Miteinander und einem göttlichen David Bowie (Gen. 11,1–11,9)
annette riemer, 20:18h
Diese Geschichte kommt in der Bibel dafür, dass sie so bekannt ist, doch ziemlich kurz daher. Der Turmbau zu Babel wirkt wie eine Wiederholung des Sündenfalls: Die Menschen nähern sich an Gott heran, scheinen wie er zu werden, drohen, den Herrn ersetzlich zu machen.
Wir befinden uns „im Lande Schinar“ irgendwo im Nahen Osten. Die Menschen lassen sich dort nieder und bauen eine Stadt und darin einen Turm, „damit wir uns einen Namen machen.“ Haben sie geschafft: Weil sie mit ihrem imposanten Bauprojekt Gott aufgeschreckt haben und er sie in alle Welt verstreut hat. Der Turm konnte so natürlich nicht fertig werden.
Das ist nun also die traurige Erkenntnis: Die Menschen könnten, da ist sich Gott sicher, schlichtweg alles erreichen, „was sie sich vorgenommen haben zu tun.“ Wenn sie nur nicht in verschiedenen Sprachen sprechen würden. Wenn sie sich doch nur verstünden.
Und nun? Sollen wir uns in die göttliche Zerstreuung fügen und uns fremd bleiben und jeder unser Süppchen kochen? Oder das gegenseitige Verstehen versuchen und gemeinsam nach Höherem streben? Die Antwort ist doch ziemlich leicht, lautet die Botschaft des Turmbaus von Babel doch: (Nur) Gemeinsam könnten wir Götter sein. Oder wie David Bowie sagen würde: „We could be heros.“
Wir befinden uns „im Lande Schinar“ irgendwo im Nahen Osten. Die Menschen lassen sich dort nieder und bauen eine Stadt und darin einen Turm, „damit wir uns einen Namen machen.“ Haben sie geschafft: Weil sie mit ihrem imposanten Bauprojekt Gott aufgeschreckt haben und er sie in alle Welt verstreut hat. Der Turm konnte so natürlich nicht fertig werden.
Das ist nun also die traurige Erkenntnis: Die Menschen könnten, da ist sich Gott sicher, schlichtweg alles erreichen, „was sie sich vorgenommen haben zu tun.“ Wenn sie nur nicht in verschiedenen Sprachen sprechen würden. Wenn sie sich doch nur verstünden.
Und nun? Sollen wir uns in die göttliche Zerstreuung fügen und uns fremd bleiben und jeder unser Süppchen kochen? Oder das gegenseitige Verstehen versuchen und gemeinsam nach Höherem streben? Die Antwort ist doch ziemlich leicht, lautet die Botschaft des Turmbaus von Babel doch: (Nur) Gemeinsam könnten wir Götter sein. Oder wie David Bowie sagen würde: „We could be heros.“
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Mittwoch, 14. Januar 2015
Mit Volldampf durch die Generationen, nur warum? (Gen. 10)
annette riemer, 22:12h
Wie langweilig! Als würde die Großmutter zur Verdauung zwischen zu deftigem Mittag und übersüßem Kaffee den nur noch ihr bekannten Geburtstagskalender eines Dorfes runterbeten, das längst weggebaggert wurde: Die Völkertafel.
Die Grundaussage ist offenkundig: Alle Völker, die sich in alttestamentarischen Zeiten im Orient rumtrieben, gehen auf Noah zurück. Der potente Kerl und seine drei Söhne haben die Arkiter und Arwaditer, die Kasluhiter und Kaftpriter begründet, aber die kennt heute alle keiner mehr. Also, was soll’s? Ein ‚Hey, denkt mal nach. Wenn nur Noah & Söhne die Sintflut überlebt haben, von wem stammen dann alle Menschen nach dem großen Regen ab?‘ hätte es wohl auch getan.
Die Grundaussage ist offenkundig: Alle Völker, die sich in alttestamentarischen Zeiten im Orient rumtrieben, gehen auf Noah zurück. Der potente Kerl und seine drei Söhne haben die Arkiter und Arwaditer, die Kasluhiter und Kaftpriter begründet, aber die kennt heute alle keiner mehr. Also, was soll’s? Ein ‚Hey, denkt mal nach. Wenn nur Noah & Söhne die Sintflut überlebt haben, von wem stammen dann alle Menschen nach dem großen Regen ab?‘ hätte es wohl auch getan.
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Dienstag, 13. Januar 2015
Zwei, sieben und wieder zwei Tiere, vierzig Tage Regen und der süßliche Geruch des Massensterbens oder Gott kapituliert vor der Bosheit des Menschen (Gen. 6,5–9,28)
annette riemer, 21:35h
Die Sintflut ist der erste spektakuläre Eingriff Gottes in seine Schöpfung. Dass sie nicht perfekt ist, muss ihm schon gleich zu Beginn aufgefallen sein, als Adam und Eva gegen sein Verbot verstießen. Später scheint er nicht gerade begeistert davon gewesen zu sein, dass sich sein Hofstaat mit den menschlichen Frauen einlässt. Immerhin zog er eine breitere Trennlinie zwischen die Menschen und die Seinen: Der Mensch lebt kürzer und früher oder später von Gott getrennt.
Elf Generationen nach der Schöpfung, zur Zeit Noahs, ist die Menschheit vollkommen verdorben und Gott hat genug, nicht nur von den Menschen. Er gibt gleich die ganze Schöpfung auf: Alles „Fleisch, darin Odem des Lebens ist“, soll kurzerhand von einer riesigen Flut weggeschwemmt werden.
Einzige Ausnahme: Noah. Er bekommt den Auftrag, sich und Teile der Lebewesen zu retten. Auf einem Schiff sollen er, seine drei Kinder und aller Frauen, dazu von sämtlichen Tieren – ja, wie viele eigentlich? – die Flut überdauern. Erst befielt Gott, dass „je ein Paar“ (Gen. 6,20) an Bord gelassen soll. Dann heißt es, von den reinen Tieren sollen sieben, von den unreinen zwei Stück gerettet werden (Gen. 7, 2). Was aber sind reine Tiere, was unreine? Und wie sollen sieben Tiere exakt „paarweise, je ein Männchen und Weibchen“ (Gen. 7,8) auf die Arche kommen? Und warum macht Noah das alles mit? Er versucht nicht, Gott von seiner Zerstörungswut abzuhalten. Er warnt seine Mitmenschen nicht. Er versucht nicht, ein paar von ihnen mit an Bord zu schmuggeln. Er ist einfach nur Befehlsempfänger und willfähriger Diener. Er hat kein Gewissen, keine Skrupel, kein Mitleid. Ein sehr unsympathischer Typ.
Vierzig Tage regnet es, 150 Tage steht das Wasser, dann „gedachte Gott an Noah“ – hatte ihn offenbar zwischenzeitlich ganz vergessen – und spülte die Arche auf den Berg Ararat. Er stellt den Regen ein, der Pegel sinkt. Obwohl Noah vom Berg aus eigentlich die beste Sicht haben müsste, schickt er einen Raben und drei Tauben – offenbar ein reines Tier – aus, um sich zu versichern, dass die Flut auch wirklich zurückgegangen ist. Ein ängstlicher Mensch, ein akkurater Beamter Gottes? Erst als der Herr ihn dazu auffordert, wagt sich Noah aus der Arche.
Als erstes errichtet er einen Altar und „opferte Brandopfer“ – „von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln.“ Egal, welche Tiere nun nach alttestamentarischer Hygieneordnung als rein oder unrein gelten: Noah scheint hier ganze Massen von Tieren niedergemacht und abgefackelt zu haben. Den widerwärtigen Gestank nimmt Gott als „lieblichen Geruch“ auf – und lässt Gnade walten: Weil er eh nicht ändern kann, dass der Mensch nun mal „böse von Jugend auf“ ist, will er „nicht mehr die Erde verfluchen.“ Aber sich ganz überlässt er die Menschen dann doch nicht, noch vor den zehn Geboten gibt Gott ein paar Regeln aus: Kein Blut essen, kein menschliches Blut vergießen. Sonst Kopf ab. Gewissermaßen.
Und noch eins: Er schließt mit Noah einen Bund. Dessen Zeichen ist ein Regenbogen. Fortan sollen Noahs Söhne die Welt bevölkern und beherrschen. Aber Sem, Ham und Jafet sind nicht gleich lieb. Zugegeben, Noah provoziert es auch ein bisschen: pflanzt erst mal einen Weinberg und füllt sich ab. Im Rausch liegt er nackt im Zelt. Das Ende einer Orgie. Ham sieht ihn so und erzählt es erstmal brühwarm seinen Brüdern. Die stolpern rückwärts mit einem Kleidungsstück in der Hand in das Zelt, die Augen bloß nicht auf den Vater gerichtet, und bedecken den Nackedei.
Das Ende vom Lied: Ham hat geguckt und ist deswegen schlecht – Gott wurde in seiner Meinung bestätigt und hält sich an sein Versprechen. Keine zweite Sintflut. Ham wird nicht vernichtet, sondern zum Gründervater der Kanaaniter. Ohne mehr über dieses Völkchen zu wissen, steht so schon fest: Von denen ist nichts Gutes zu erwarten.
Elf Generationen nach der Schöpfung, zur Zeit Noahs, ist die Menschheit vollkommen verdorben und Gott hat genug, nicht nur von den Menschen. Er gibt gleich die ganze Schöpfung auf: Alles „Fleisch, darin Odem des Lebens ist“, soll kurzerhand von einer riesigen Flut weggeschwemmt werden.
Einzige Ausnahme: Noah. Er bekommt den Auftrag, sich und Teile der Lebewesen zu retten. Auf einem Schiff sollen er, seine drei Kinder und aller Frauen, dazu von sämtlichen Tieren – ja, wie viele eigentlich? – die Flut überdauern. Erst befielt Gott, dass „je ein Paar“ (Gen. 6,20) an Bord gelassen soll. Dann heißt es, von den reinen Tieren sollen sieben, von den unreinen zwei Stück gerettet werden (Gen. 7, 2). Was aber sind reine Tiere, was unreine? Und wie sollen sieben Tiere exakt „paarweise, je ein Männchen und Weibchen“ (Gen. 7,8) auf die Arche kommen? Und warum macht Noah das alles mit? Er versucht nicht, Gott von seiner Zerstörungswut abzuhalten. Er warnt seine Mitmenschen nicht. Er versucht nicht, ein paar von ihnen mit an Bord zu schmuggeln. Er ist einfach nur Befehlsempfänger und willfähriger Diener. Er hat kein Gewissen, keine Skrupel, kein Mitleid. Ein sehr unsympathischer Typ.
Vierzig Tage regnet es, 150 Tage steht das Wasser, dann „gedachte Gott an Noah“ – hatte ihn offenbar zwischenzeitlich ganz vergessen – und spülte die Arche auf den Berg Ararat. Er stellt den Regen ein, der Pegel sinkt. Obwohl Noah vom Berg aus eigentlich die beste Sicht haben müsste, schickt er einen Raben und drei Tauben – offenbar ein reines Tier – aus, um sich zu versichern, dass die Flut auch wirklich zurückgegangen ist. Ein ängstlicher Mensch, ein akkurater Beamter Gottes? Erst als der Herr ihn dazu auffordert, wagt sich Noah aus der Arche.
Als erstes errichtet er einen Altar und „opferte Brandopfer“ – „von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln.“ Egal, welche Tiere nun nach alttestamentarischer Hygieneordnung als rein oder unrein gelten: Noah scheint hier ganze Massen von Tieren niedergemacht und abgefackelt zu haben. Den widerwärtigen Gestank nimmt Gott als „lieblichen Geruch“ auf – und lässt Gnade walten: Weil er eh nicht ändern kann, dass der Mensch nun mal „böse von Jugend auf“ ist, will er „nicht mehr die Erde verfluchen.“ Aber sich ganz überlässt er die Menschen dann doch nicht, noch vor den zehn Geboten gibt Gott ein paar Regeln aus: Kein Blut essen, kein menschliches Blut vergießen. Sonst Kopf ab. Gewissermaßen.
Und noch eins: Er schließt mit Noah einen Bund. Dessen Zeichen ist ein Regenbogen. Fortan sollen Noahs Söhne die Welt bevölkern und beherrschen. Aber Sem, Ham und Jafet sind nicht gleich lieb. Zugegeben, Noah provoziert es auch ein bisschen: pflanzt erst mal einen Weinberg und füllt sich ab. Im Rausch liegt er nackt im Zelt. Das Ende einer Orgie. Ham sieht ihn so und erzählt es erstmal brühwarm seinen Brüdern. Die stolpern rückwärts mit einem Kleidungsstück in der Hand in das Zelt, die Augen bloß nicht auf den Vater gerichtet, und bedecken den Nackedei.
Das Ende vom Lied: Ham hat geguckt und ist deswegen schlecht – Gott wurde in seiner Meinung bestätigt und hält sich an sein Versprechen. Keine zweite Sintflut. Ham wird nicht vernichtet, sondern zum Gründervater der Kanaaniter. Ohne mehr über dieses Völkchen zu wissen, steht so schon fest: Von denen ist nichts Gutes zu erwarten.
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Montag, 12. Januar 2015
Von Riesen, Helden und Söhnen, die niemandes Kinder sind (Gen. 6,1-6,4)
annette riemer, 22:33h
Von Adam bis Noah vermehren sich die Menschen in elf Generationen. Während die Männer rekordverdächtig alt wurden – Methusalem steht ja außer Konkurrenz –, waren die Frauen offenbar rekordverdächtig attraktiv, so attraktiv, dass sie nicht nur die männlichen Menschen auf sie aufmerksam wurden, sondern auch „Gottessöhne“. Nanu, wo kommen die denn her?
Tja, das weiß niemand. Auch nicht, wie sie aussehen. Betont wird lediglich, dass sie die Frauen nahmen, „welche sie wollten.“ Klingt nicht gerade einvernehmlich.
Gott fand die ganze Durchmischung offenbar auch nicht gerade super, denn er führte erst einmal ein paar Unterschiede zwischen sich und den Menschen an. Erstens: Sie sind aus Fleisch. Zweitens: Sie sollen fortan höchstens nur noch 120 Jahre alt werden. Drittens: Der göttliche Geist solle „nicht immerdar im Menschen walten.“ Heißt das, dass der Mensch irgendwann seine eigenen Wege gehen soll? Oder dass er sterblich ist? Hm.
Die Göttersöhne lassen sich ungeachtet dessen immer noch mit den menschlichen Frauen ein. Ihre Kinder wurden die „Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochgerühmten.“ Da Gott nach der zweiten Schöpfungsgeschichte geschlechtslos zu denken ist, müssen die Gottessöhne eher eine Art Hofstaat als leibliche Kinder sein. Woher diese übermenschlichen Giganten kommen, bleibt unklar. Nur so viel: In der Urzeit wurden Frauen geraubt und gingen seltsame Riesenwesen um.
Tja, das weiß niemand. Auch nicht, wie sie aussehen. Betont wird lediglich, dass sie die Frauen nahmen, „welche sie wollten.“ Klingt nicht gerade einvernehmlich.
Gott fand die ganze Durchmischung offenbar auch nicht gerade super, denn er führte erst einmal ein paar Unterschiede zwischen sich und den Menschen an. Erstens: Sie sind aus Fleisch. Zweitens: Sie sollen fortan höchstens nur noch 120 Jahre alt werden. Drittens: Der göttliche Geist solle „nicht immerdar im Menschen walten.“ Heißt das, dass der Mensch irgendwann seine eigenen Wege gehen soll? Oder dass er sterblich ist? Hm.
Die Göttersöhne lassen sich ungeachtet dessen immer noch mit den menschlichen Frauen ein. Ihre Kinder wurden die „Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochgerühmten.“ Da Gott nach der zweiten Schöpfungsgeschichte geschlechtslos zu denken ist, müssen die Gottessöhne eher eine Art Hofstaat als leibliche Kinder sein. Woher diese übermenschlichen Giganten kommen, bleibt unklar. Nur so viel: In der Urzeit wurden Frauen geraubt und gingen seltsame Riesenwesen um.
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Sonntag, 11. Januar 2015
Wie lange ist man(n) zeugungsfähig? (Gen. 4,25 - 5,32)
annette riemer, 21:14h
Die ganzen Geschichten um die ersten Menschen von Adam bis Noah können nur symbolisch verstanden werden. Wörtlich genommen, wären sie einfach zu unglaubwürdig: Nach Abel und Kain zeugt ihr Vater Adam im Alter von 130 Jahren einen weiteren Sohn namens Set. Insgesamt lebt Adam 930 Jahre lang. Wahnsinn! Und mit welchen Frauen begründen Kain und sein jüngerer Bruder Set ihre Familien? Da kämen ja nur Schwestern infrage. Immerhin zeugte Adam noch einige weitere „Söhne und Töchter“.
Nein, nein, die wörtliche Deutung dieser Textstelle ist nicht sinnvoll, da kommt nur Quatsch heraus. Symbolisch genommen, wird an den rekordverdächtigen Zahlen die herausragende Bedeutung der von Adam ausgehenden Ahnenreihe und der nachgeborenen Vertreter seiner Familie ersichtlich: Die namhaften Männer am Anfang der Menschheitsgeschichte sind allesamt direkt miteinander verwandt; durch ihr hohes Alter ragen unter den insgesamt elf Generationen von Adam bis Noah besonders Adams Urururenkel Jered (962 Jahre) und dessen Enkel Methusalem (969 Jahre) aus der Sippschaft heraus. Warum ausgerechnet sie, bleibt unklar, denn mehr als ein Bindeglied in dem Generationenreigen wie alle anderen Aufgezählten auch stellen die beiden Männer nicht dar. Immerhin ist Methusalems hohes Alter sprichwörtlich geworden.
Mit Noah schließt sich gewissermaßen der Reigen: Zwar zeugten alle Männer vor ihm mehrere Kinder, doch nur bei Adam und Noah werden drei Söhne namentlich genannt. Und mit dem späten Zeugen stellt Noah einen fulminanten Rekord auf: Im Alter von 500 Jahre zeugte er auf einen Schlag die Söhne Sem, Ham und Jafet. Nebenbei die erste Mehrlingsgeburt in der Bibel. Von diesem Tausendsassa ist noch einiges zu erwarten.
Nein, nein, die wörtliche Deutung dieser Textstelle ist nicht sinnvoll, da kommt nur Quatsch heraus. Symbolisch genommen, wird an den rekordverdächtigen Zahlen die herausragende Bedeutung der von Adam ausgehenden Ahnenreihe und der nachgeborenen Vertreter seiner Familie ersichtlich: Die namhaften Männer am Anfang der Menschheitsgeschichte sind allesamt direkt miteinander verwandt; durch ihr hohes Alter ragen unter den insgesamt elf Generationen von Adam bis Noah besonders Adams Urururenkel Jered (962 Jahre) und dessen Enkel Methusalem (969 Jahre) aus der Sippschaft heraus. Warum ausgerechnet sie, bleibt unklar, denn mehr als ein Bindeglied in dem Generationenreigen wie alle anderen Aufgezählten auch stellen die beiden Männer nicht dar. Immerhin ist Methusalems hohes Alter sprichwörtlich geworden.
Mit Noah schließt sich gewissermaßen der Reigen: Zwar zeugten alle Männer vor ihm mehrere Kinder, doch nur bei Adam und Noah werden drei Söhne namentlich genannt. Und mit dem späten Zeugen stellt Noah einen fulminanten Rekord auf: Im Alter von 500 Jahre zeugte er auf einen Schlag die Söhne Sem, Ham und Jafet. Nebenbei die erste Mehrlingsgeburt in der Bibel. Von diesem Tausendsassa ist noch einiges zu erwarten.
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Samstag, 10. Januar 2015
Armer Kain! (Gen. 4)
annette riemer, 22:14h
Ihrer Nacktheit bewusst waren sich Adam und Eva schon im Paradies, aber erst nach ihrer Vertreibung aus dem Garten Eden „erkannte“ der Mann die Frau, wie es so schön verklärend heißt. Von Scham und Furcht wie noch zuvor ist hier keine Rede mehr, aber dennoch geht es recht förmlich zu. Man erkennt einander, eine Kopfsache. Gefühle werden nicht erwähnt.
Kain wird geboren, es folgt Abel. Beide gehen mit Fleiß an die Arbeit: Während Kain als Bauer wirtschaftet, hütet Abel das Vieh. Beide sind „fromm“ und opfern Gott die Früchte ihrer Arbeit. Aber aus unerfindlichem Grund schaute Gott „nicht gnädig“ auf Kain, er gibt Abel den Vorzug. Kain fühlt sich zu Unrecht zurückgestellt und sicher auch in seinem Erstgeburtsrecht beschnitten. Aber seine verständliche Enttäuschung und Wut richtet sich nicht gegen Gott – den gilt es ja zu umwerben – sondern gegen Abel.
Abel muss sterben. Gott wirft Kain diese Tat vor, denn man müsse doch über die lauernde „Sünde vor der Tür“ herrschen und sich nicht von ihr beherrschen lassen. Aber warum hat Gott den Mörder auch erst in Rage versetzt? Er erklärt sich nicht, weshalb tiefere Einsicht in sein Handeln unmöglich bleibt. Er bestraft Kain aber mit ewiger Heimatlosigkeit, der sesshafte Bauer wird zum Nomadendasein verdammt – aber außerhalb der absichernden Gemeinschaft steht er unter dem Schutz Gottes: Ein Zeichen an Kain soll garantieren, „dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“ Und wer dem umherirrenden und entsprechend schutzlosen Kain trotzdem totschlägt, „das soll siebenfach gerächt werden.“
Armer Kain! Was Gott mit dem grundlos Verschmähten, dem vertriebenen, aber doch beschützten Mörder vorhatte, bleibt ein Rätsel. Zumindest trägt Kain zwei Dinge in die Welt hinein: Seine Nachfahren begründen das rastlose Wanderleben ganzer Völkerschaften, nämlich der Nomaden, der Musiker und der Wanderarbeiter. Und er wird zum Begründer der Blutrache. Schon sein Urururenkel Lamech prahlt damit, mehrfach geringe Verletzungen mit Mord gesühnt zu haben. Lamech ist es auch, der als erster Polygamist in der Bibel mit mehr als einer Frau – mit Ada und Zilla – verheiratet ist. Und er legt erstmals ein Gedicht vor: In seinem Lied prahlt er mit seinen Untaten und glaubt sich genau deswegen unter Gottes besonderem Schutz: Würde der Mord an Kain siebenmal, werde der Mord an ihm 77 Mal gerächt. Was für ein Teufelskerl!
Und Gott? Schweigt sich aus. Sieht zu (oder weg), wie östlich von Eden, wohin Kain zog, die Mörder umgehen. Eine äußerst merkwürdige Geschichte.
Kain wird geboren, es folgt Abel. Beide gehen mit Fleiß an die Arbeit: Während Kain als Bauer wirtschaftet, hütet Abel das Vieh. Beide sind „fromm“ und opfern Gott die Früchte ihrer Arbeit. Aber aus unerfindlichem Grund schaute Gott „nicht gnädig“ auf Kain, er gibt Abel den Vorzug. Kain fühlt sich zu Unrecht zurückgestellt und sicher auch in seinem Erstgeburtsrecht beschnitten. Aber seine verständliche Enttäuschung und Wut richtet sich nicht gegen Gott – den gilt es ja zu umwerben – sondern gegen Abel.
Abel muss sterben. Gott wirft Kain diese Tat vor, denn man müsse doch über die lauernde „Sünde vor der Tür“ herrschen und sich nicht von ihr beherrschen lassen. Aber warum hat Gott den Mörder auch erst in Rage versetzt? Er erklärt sich nicht, weshalb tiefere Einsicht in sein Handeln unmöglich bleibt. Er bestraft Kain aber mit ewiger Heimatlosigkeit, der sesshafte Bauer wird zum Nomadendasein verdammt – aber außerhalb der absichernden Gemeinschaft steht er unter dem Schutz Gottes: Ein Zeichen an Kain soll garantieren, „dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“ Und wer dem umherirrenden und entsprechend schutzlosen Kain trotzdem totschlägt, „das soll siebenfach gerächt werden.“
Armer Kain! Was Gott mit dem grundlos Verschmähten, dem vertriebenen, aber doch beschützten Mörder vorhatte, bleibt ein Rätsel. Zumindest trägt Kain zwei Dinge in die Welt hinein: Seine Nachfahren begründen das rastlose Wanderleben ganzer Völkerschaften, nämlich der Nomaden, der Musiker und der Wanderarbeiter. Und er wird zum Begründer der Blutrache. Schon sein Urururenkel Lamech prahlt damit, mehrfach geringe Verletzungen mit Mord gesühnt zu haben. Lamech ist es auch, der als erster Polygamist in der Bibel mit mehr als einer Frau – mit Ada und Zilla – verheiratet ist. Und er legt erstmals ein Gedicht vor: In seinem Lied prahlt er mit seinen Untaten und glaubt sich genau deswegen unter Gottes besonderem Schutz: Würde der Mord an Kain siebenmal, werde der Mord an ihm 77 Mal gerächt. Was für ein Teufelskerl!
Und Gott? Schweigt sich aus. Sieht zu (oder weg), wie östlich von Eden, wohin Kain zog, die Mörder umgehen. Eine äußerst merkwürdige Geschichte.
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Freitag, 9. Januar 2015
Gott lügt und fürchtet sich (Gen. 3)
annette riemer, 13:49h
Diese ganze Geschichte mit dem Sündenfall lag doch irgendwie von Anfang an in der Luft. Da erschafft Gott einen Garten Eden voller Bäume, allesamt „verlockend anzusehen“, und ausgerechnet in das Zentrum dieses paradiesischen Grünlands, damit er auch nicht zu übersehen ist, pflanzt er den „Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen“. Und besonders spannend wird die Sache, als Gott sein erstes Verbot überhaupt ausspricht: „Aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben.“
Es mutet schon etwas gruselig an, dass der Tod gleich bei seiner ersten Erwähnung in der Bibel ausgerechnet als Strafe daherkommt. Nicht nur ein willkommenes Argument für alle politischen Systeme, in denen sich der Justizapparat zum Herrn über Leben und Tod aufschwingt, auch ziemlich ernüchternd, was die Zustände im Nachleben angeht, wenn sie als Strafe herhalten können.
Die Schlange, „listiger als alle Tiere“, hat Gottes Bluff durchschaut: Wer die verbotenen Früchte isst, wird nicht sterben, sondern wissen, „was gut und böse“ ist. Und damit könnten die Menschen „sein wie Gott.“ Wenn das nicht verführerisch klingt!
Und so naschen erst die Frau und dann der leicht beredbare Mann vom Baum der Erkenntnis. Und sofort fallen die Gefühlslagen und Reaktionen vollkommen durcheinander: Die Menschen erkennen ihre Nacktheit, aber ist sie gut oder böse? Das bleibt unklar, denn sie sind von ihr einfach nur überfordert. Der Mann gesteht, dass er sich „fürchtete“ wegen seiner Blöße. Deshalb fühlen sich die Menschen von der Schlange betrogen.
Verleiht der Baum der Erkenntnis doch nicht Einsicht in das Gute und Böse, sondern irritiert lediglich, wie die Menschen glauben? Oder verwirrt Erkenntnis immer? Denn Gott zweifelt keine Sekunde daran, dass die so verschreckten Menschen von den verbotenen Früchten gegessen haben.
Und wie reagiert er? Doppelt bemerkenswert. Zum einen straft er sich selbst Lügen, indem er gnädig ist und die angedrohte Todesstrafe in – völlig ungnädige, weil erbliche – körperliche Schmerzen abmildert. Die Schlange hat Recht behalten: Wer vom Baum nascht, muss nicht sterben, wie Gott es behauptet hat. Er hat gelogen.
Zum anderen hat er Angst. So murmelt er vor sich hin: „Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!“ Gott fürchtet, dass der Mensch wie er werden könnte – und mehr noch: Da Gott geschlechtslos ist, die Menschen sich aber vermehren können und auch sollen, dürften sie ihn bald, ihm gleich und zahlenmäßig weit überlegen, an den Rand gedrängt haben. Das befürchtet Gott und deshalb wirft er die Menschen aus dem Paradies und lässt es fortan von bewaffneten Engeln bewachen. Eins wird deutlich: Die Schöpfung ist dem Schöpfer nicht so ganz geheuer.
Es mutet schon etwas gruselig an, dass der Tod gleich bei seiner ersten Erwähnung in der Bibel ausgerechnet als Strafe daherkommt. Nicht nur ein willkommenes Argument für alle politischen Systeme, in denen sich der Justizapparat zum Herrn über Leben und Tod aufschwingt, auch ziemlich ernüchternd, was die Zustände im Nachleben angeht, wenn sie als Strafe herhalten können.
Die Schlange, „listiger als alle Tiere“, hat Gottes Bluff durchschaut: Wer die verbotenen Früchte isst, wird nicht sterben, sondern wissen, „was gut und böse“ ist. Und damit könnten die Menschen „sein wie Gott.“ Wenn das nicht verführerisch klingt!
Und so naschen erst die Frau und dann der leicht beredbare Mann vom Baum der Erkenntnis. Und sofort fallen die Gefühlslagen und Reaktionen vollkommen durcheinander: Die Menschen erkennen ihre Nacktheit, aber ist sie gut oder böse? Das bleibt unklar, denn sie sind von ihr einfach nur überfordert. Der Mann gesteht, dass er sich „fürchtete“ wegen seiner Blöße. Deshalb fühlen sich die Menschen von der Schlange betrogen.
Verleiht der Baum der Erkenntnis doch nicht Einsicht in das Gute und Böse, sondern irritiert lediglich, wie die Menschen glauben? Oder verwirrt Erkenntnis immer? Denn Gott zweifelt keine Sekunde daran, dass die so verschreckten Menschen von den verbotenen Früchten gegessen haben.
Und wie reagiert er? Doppelt bemerkenswert. Zum einen straft er sich selbst Lügen, indem er gnädig ist und die angedrohte Todesstrafe in – völlig ungnädige, weil erbliche – körperliche Schmerzen abmildert. Die Schlange hat Recht behalten: Wer vom Baum nascht, muss nicht sterben, wie Gott es behauptet hat. Er hat gelogen.
Zum anderen hat er Angst. So murmelt er vor sich hin: „Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!“ Gott fürchtet, dass der Mensch wie er werden könnte – und mehr noch: Da Gott geschlechtslos ist, die Menschen sich aber vermehren können und auch sollen, dürften sie ihn bald, ihm gleich und zahlenmäßig weit überlegen, an den Rand gedrängt haben. Das befürchtet Gott und deshalb wirft er die Menschen aus dem Paradies und lässt es fortan von bewaffneten Engeln bewachen. Eins wird deutlich: Die Schöpfung ist dem Schöpfer nicht so ganz geheuer.
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Donnerstag, 8. Januar 2015
Der Mensch als Ökobauer (Gen. 2,4b–2,25)
annette riemer, 10:15h
Ausgerechnet das sagenhafte Paradies, nach dem sich die Menschen seit jeher sehnen, ist der erste Ort, der sich wenigstens einigermaßen geografisch verortet lässt. Der Garten Eden soll sich (von wo aus?) „gegen Osten hin“ befinden. In ihm entspringt ein Fluss, der sich in den Euphrat, den Gihon, den Pischon und den Tigris aufspaltet.
Nun haben Euphrat und Tigris keine gemeinsame Quelle und welche Flüsse mit Gihon und Pischon gemeint sein könnten, haben Theologen, Bibelforscher und Archäologen bislang nicht herausgefunden. Das scheint auch im Detail gar nicht so wichtig zu sein. Der Garten Eden, der erste in der Bibel verbürgte Wohnort der Menschen, befand sich trotzdem zweifellos genug im Nahen Osten, irgendwo im nördlichen Zweistromtal, das laut Bibel eigentlich ein Vierstromland war.
Das Paradies erinnert ein bisschen an ein Puppenhaus: Gott setzt den Mensch hinein und bietet ihm Nahrung und Spielgefährten („Hilfen“) an, bis er durch die Aufspaltung des Menschen in Mann und Frau dem Mensch endlich eine geeignete Begleitung schafft: sich selbst.
Das Leben des Menschen im Paradies ist klar bestimmt: Er soll den Garten quasi als nudistischer Ökobauer bewirtschaften und bewahren, den Tieren Namen geben und sich vermehren. Der menschliche Urzustand ist also ein absolutes Gärtnerdasein ohne Hütte und Kleidung. Allein vom paradiesischen Klima her schon beneidenswert.
Nun haben Euphrat und Tigris keine gemeinsame Quelle und welche Flüsse mit Gihon und Pischon gemeint sein könnten, haben Theologen, Bibelforscher und Archäologen bislang nicht herausgefunden. Das scheint auch im Detail gar nicht so wichtig zu sein. Der Garten Eden, der erste in der Bibel verbürgte Wohnort der Menschen, befand sich trotzdem zweifellos genug im Nahen Osten, irgendwo im nördlichen Zweistromtal, das laut Bibel eigentlich ein Vierstromland war.
Das Paradies erinnert ein bisschen an ein Puppenhaus: Gott setzt den Mensch hinein und bietet ihm Nahrung und Spielgefährten („Hilfen“) an, bis er durch die Aufspaltung des Menschen in Mann und Frau dem Mensch endlich eine geeignete Begleitung schafft: sich selbst.
Das Leben des Menschen im Paradies ist klar bestimmt: Er soll den Garten quasi als nudistischer Ökobauer bewirtschaften und bewahren, den Tieren Namen geben und sich vermehren. Der menschliche Urzustand ist also ein absolutes Gärtnerdasein ohne Hütte und Kleidung. Allein vom paradiesischen Klima her schon beneidenswert.
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Mittwoch, 7. Januar 2015
Der doppelte Geburtstag des Menschen (Gen. 2,4b–25)
annette riemer, 16:03h
Gleich im Anschluss an die Entstehungsgeschichte, mit der die Bibel einsetzt, wird eine zweite Version der Erschaffung des Menschen angeboten. Und das sorgt für reichlich Verwirrung, denn nach dem ersten Schöpfungsbericht, der im Wesentlichen eine Chronologie der Ereignisse von sieben Tagen umfasst, wurde der Mensch spätestens am vierten Tag (mit den Sternen als Kalender und Kompasse des Menschen) gedacht und am sechsten Tag erschaffen. Und zwar nach Gottes Ebenbild und als Mann und Frau.
Im zweiten Schöpfungsbericht verhält sich die Sache grundlegend anders. Zunächst der Zeitpunkt: Hier wird der Mensch an einem Tag erschaffen, an dem es noch keine Landpflanzen gibt – also vor dem dritten Tag. Steht der Mensch in dem ersten Bericht quasi als Krönung der Schöpfung an letzter Stelle, führt er im zweiten Bericht die Schöpfung geradezu an: Der Mensch wird hier vor allen übrigen, erst ab dem dritten Tag erschaffenen Lebewesen kreiert, direkt nach Licht und Himmel. Diese Reihenfolge erscheint äußerst fragwürdig, da doch Gott den Mensch aus Erde schafft und dieser ein Landlebewesen ist – die Erde aber erst am dritten Tag von Gott vom Wasser freigelegt wird. Mit dem größten Augenzudrücken ließe sich vermuten, dass an diesem Tag zuerst die Erde, dann der Mensch und zuletzt die Landpflanzen erschaffen worden sind. Was aber grundsätzlich nichts daran ändert, dass wir es auf den ersten beiden Seiten der Bibel mit zwei Geburtsterminen für den Mensch zu tun haben: Tag sechs und Tag drei der Schöpfung.
Doch nicht nur hinsichtlich des Zeitpunkts seiner Schöpfung, auch hinsichtlich der Art des Menschen unterscheidet sich die zweite Schöpfungsgeschichte stark von der ersten. War der Mensch in letzterer sofort als Mann und Frau vorgestellt worden, erscheint der Mensch in dem zweiten Bericht als geschlechtsloses Wesen, das weder Frau noch Mann ist. Gottgleich hieße hier: ohne Geschlecht zu sein und den Zwängen des geschlechtlichen Triebs entzogen zu bleiben.
Diese Ein-heit des Menschen wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass Gott aus der Rippe des Menschen eine Frau formt und dadurch den ursprünglich geschaffenen Mensch im Umkehrschluss als Mann definiert. Denn einen wahren Gegensatz der Geschlechter gibt es hier nicht: Frau und Mann sind gleichermaßen aus dem von Gott erschaffenen Mensch hervorgegangen und streben ausdrücklich zueinander. Sie sind und bleiben somit eine Einheit.
Im zweiten Schöpfungsbericht verhält sich die Sache grundlegend anders. Zunächst der Zeitpunkt: Hier wird der Mensch an einem Tag erschaffen, an dem es noch keine Landpflanzen gibt – also vor dem dritten Tag. Steht der Mensch in dem ersten Bericht quasi als Krönung der Schöpfung an letzter Stelle, führt er im zweiten Bericht die Schöpfung geradezu an: Der Mensch wird hier vor allen übrigen, erst ab dem dritten Tag erschaffenen Lebewesen kreiert, direkt nach Licht und Himmel. Diese Reihenfolge erscheint äußerst fragwürdig, da doch Gott den Mensch aus Erde schafft und dieser ein Landlebewesen ist – die Erde aber erst am dritten Tag von Gott vom Wasser freigelegt wird. Mit dem größten Augenzudrücken ließe sich vermuten, dass an diesem Tag zuerst die Erde, dann der Mensch und zuletzt die Landpflanzen erschaffen worden sind. Was aber grundsätzlich nichts daran ändert, dass wir es auf den ersten beiden Seiten der Bibel mit zwei Geburtsterminen für den Mensch zu tun haben: Tag sechs und Tag drei der Schöpfung.
Doch nicht nur hinsichtlich des Zeitpunkts seiner Schöpfung, auch hinsichtlich der Art des Menschen unterscheidet sich die zweite Schöpfungsgeschichte stark von der ersten. War der Mensch in letzterer sofort als Mann und Frau vorgestellt worden, erscheint der Mensch in dem zweiten Bericht als geschlechtsloses Wesen, das weder Frau noch Mann ist. Gottgleich hieße hier: ohne Geschlecht zu sein und den Zwängen des geschlechtlichen Triebs entzogen zu bleiben.
Diese Ein-heit des Menschen wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass Gott aus der Rippe des Menschen eine Frau formt und dadurch den ursprünglich geschaffenen Mensch im Umkehrschluss als Mann definiert. Denn einen wahren Gegensatz der Geschlechter gibt es hier nicht: Frau und Mann sind gleichermaßen aus dem von Gott erschaffenen Mensch hervorgegangen und streben ausdrücklich zueinander. Sie sind und bleiben somit eine Einheit.
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Dienstag, 6. Januar 2015
Immer noch die Schöpfung oder Erst der Kalender, dann der nach Gottes Ebenbild und mit tierischer Hilfe geschaffene Mensch (Gen. 1,1–2,4)
annette riemer, 22:48h
Die Schöpfung zieht sich bekanntlich über sieben Tage hin: Am ersten Tag werden das Licht und damit auch die Dunkelheit geschaffen, am zweiten Tag folgt – über bereits bestehendes Wasser – der Himmel. Am dritten Tag gibt das Wasser ein paar Landteile frei, auf denen Samenpflanzen sprießen. Am vieren Tag dann werden die Sterne erschaffen, mit denen „Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre“ bestimmt werden können – Spätestens hier muss Gott die Schaffung des Menschen also bereits geplant haben, denn wem sonst sollten Kalender und Hilfen zur geografischen Orientierung dienen? Den Samenpflanzen etwa?
Nun gut, am fünften Tag werden Meere und Himmel bevölkert und am Tag darauf kommen die Landtiere, „Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes“, hinzu. Als Krönung der Schöpfung schafft Gott am gleichen Tag den Mensch „zu seinem Bilde“ und „als Mann und Frau.“ Ausdrücklicher als bei den Tieren, die – wie allgemein gesprochen! – „ein jedes nach seiner Art“ sind, wird der Mensch von Anfang an in zwei Geschlechtern gedacht. Ist der zweigeschlechtliche Mensch nach „seinem Bilde“, so müsste Gott Mann und Frau zugleich und zugleich auch getrennt sein. Irgendwie. Eine Steilvorlage für die Gender-Forschung.
Über das Geschlechterverhältnis fällt zunächst kein Wort, aber Gott spricht Mann und Frau gleichermaßen an, wenn er sie auffordert, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und über die Erde zu herrschen. Gemeinsam. Nichts von männlicher Dominanz und weiblicher Demut.
Und noch eine sprachliche Auffälligkeit. Gott ruft: „Lasset uns Menschen machen.“ Wem ruft er das zu, wer schöpfe da ungenannt mit? Da der Mensch als Lebewesen zu Land gedacht und gemacht wird, liegt die Vermutung nahe, dass Gott hier die Landtiere, das nächste Umfeld also, zur gemeinsamen Schöpfung auffordert. So weit liegen Charles Darwin und der Allmächtige am Ende vielleicht doch nicht auseinander? Wer weiß.
Nach diesem sich reproduzierenden Selbstportrait – nichts anderes ist ja der Mensch im Verhältnis zu Gott – ist am siebten Tag endlich Ruhe. Zumindest nach letzten Schönheitsreparaturen und der Generalvisite, denn vor dem großen Schläfchen „vollendete Gott seine Werke.“ Noch eine sprachliche Feinheit, die nicht zu verachten ist. Immerhin war der Sonntag nicht ganz so arbeitsfrei.
Nun gut, am fünften Tag werden Meere und Himmel bevölkert und am Tag darauf kommen die Landtiere, „Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes“, hinzu. Als Krönung der Schöpfung schafft Gott am gleichen Tag den Mensch „zu seinem Bilde“ und „als Mann und Frau.“ Ausdrücklicher als bei den Tieren, die – wie allgemein gesprochen! – „ein jedes nach seiner Art“ sind, wird der Mensch von Anfang an in zwei Geschlechtern gedacht. Ist der zweigeschlechtliche Mensch nach „seinem Bilde“, so müsste Gott Mann und Frau zugleich und zugleich auch getrennt sein. Irgendwie. Eine Steilvorlage für die Gender-Forschung.
Über das Geschlechterverhältnis fällt zunächst kein Wort, aber Gott spricht Mann und Frau gleichermaßen an, wenn er sie auffordert, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und über die Erde zu herrschen. Gemeinsam. Nichts von männlicher Dominanz und weiblicher Demut.
Und noch eine sprachliche Auffälligkeit. Gott ruft: „Lasset uns Menschen machen.“ Wem ruft er das zu, wer schöpfe da ungenannt mit? Da der Mensch als Lebewesen zu Land gedacht und gemacht wird, liegt die Vermutung nahe, dass Gott hier die Landtiere, das nächste Umfeld also, zur gemeinsamen Schöpfung auffordert. So weit liegen Charles Darwin und der Allmächtige am Ende vielleicht doch nicht auseinander? Wer weiß.
Nach diesem sich reproduzierenden Selbstportrait – nichts anderes ist ja der Mensch im Verhältnis zu Gott – ist am siebten Tag endlich Ruhe. Zumindest nach letzten Schönheitsreparaturen und der Generalvisite, denn vor dem großen Schläfchen „vollendete Gott seine Werke.“ Noch eine sprachliche Feinheit, die nicht zu verachten ist. Immerhin war der Sonntag nicht ganz so arbeitsfrei.
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