Donnerstag, 29. Januar 2015
Okkultismus? Also nein! Oder doch? (Gen. 37,1–50,26)
Die Geschichte um Josef, eines der Kinder von Jakob, hat es so richtig in sich. Alles ist drin: Liebe und Verrat, Haftstrafe und höchstes Amt im Staat, viel Rumgereise und wieder mal das endlos reiche Ägypten. Und dann noch so eine andere Sache: Okkultismus und die große Frage, wo eigentlich die Grenze zwischen Religion und Magie verläuft.
Um Josef ranken sich gleich mehrere Evergreens der schulischen Religionsstunden und sonntäglichen Predigten: Da ist der vom Vater bevorzugte Sohn Josef, den die eifersüchtigen Geschwister in die Falle locken und an Händler verkaufen. Da ist der Sklave Josef im Haus des obersten ägyptischen Kämmerers, der von der Gattin seines Herrn vergeblich zu verführen versucht wird und der schließlich durch die verschmähte Frau in den Knast kommt. Da ist der Träumer Josef, der sich vom Gefängnis aus als Traumdeuter einen Namen macht, sodass der von unverständlichen Albträumen geplagte Pharao den Häftling zu sich an den Hof holt. Da ist der Verwalter Josef, der im Auftrag des Pharaos Vorräte anlegt, die er in den erahnten Dürrezeiten an die Bevölkerung verteilt. Und zuletzt ist da der große Versöhner Josef, der seinen Brüder, die hungernd aus dem Norden nach Ägypten kommen, vergibt und sie reich ausstattet.
Alles in allem also ein ziemlich cooler Typ mit einer rasanten Biografie – ein Wunder, dass Hollywood den noch nicht entdeckt hat.
Aber da ist noch so eine kleine Sache: Nicht nur, dass durch Josef die ganze Traumdeuterei ganz schön aufgewertet wird. Nein, er wahrsagt auch noch aus einem silbernen Becher! Steht alles haarklein in Gen. 44,5. Und das ist doch ein dicker Hund, wenn man bedenkt, dass das Christentum jahrhundertelang gegen alle möglichen Hexen und Zauberer vorgegangen ist, die wie Josef wahrgesagt haben. Naja, vielleicht, weil die meisten keinen silbernen Becher dafür benutzt haben. Manche Sachen sind vielleicht nur okay, wenn sie deluxe gemacht werden. Irgendwie ...

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