Dienstag, 13. Januar 2015
Zwei, sieben und wieder zwei Tiere, vierzig Tage Regen und der süßliche Geruch des Massensterbens oder Gott kapituliert vor der Bosheit des Menschen (Gen. 6,5–9,28)
Die Sintflut ist der erste spektakuläre Eingriff Gottes in seine Schöpfung. Dass sie nicht perfekt ist, muss ihm schon gleich zu Beginn aufgefallen sein, als Adam und Eva gegen sein Verbot verstießen. Später scheint er nicht gerade begeistert davon gewesen zu sein, dass sich sein Hofstaat mit den menschlichen Frauen einlässt. Immerhin zog er eine breitere Trennlinie zwischen die Menschen und die Seinen: Der Mensch lebt kürzer und früher oder später von Gott getrennt.
Elf Generationen nach der Schöpfung, zur Zeit Noahs, ist die Menschheit vollkommen verdorben und Gott hat genug, nicht nur von den Menschen. Er gibt gleich die ganze Schöpfung auf: Alles „Fleisch, darin Odem des Lebens ist“, soll kurzerhand von einer riesigen Flut weggeschwemmt werden.
Einzige Ausnahme: Noah. Er bekommt den Auftrag, sich und Teile der Lebewesen zu retten. Auf einem Schiff sollen er, seine drei Kinder und aller Frauen, dazu von sämtlichen Tieren – ja, wie viele eigentlich? – die Flut überdauern. Erst befielt Gott, dass „je ein Paar“ (Gen. 6,20) an Bord gelassen soll. Dann heißt es, von den reinen Tieren sollen sieben, von den unreinen zwei Stück gerettet werden (Gen. 7, 2). Was aber sind reine Tiere, was unreine? Und wie sollen sieben Tiere exakt „paarweise, je ein Männchen und Weibchen“ (Gen. 7,8) auf die Arche kommen? Und warum macht Noah das alles mit? Er versucht nicht, Gott von seiner Zerstörungswut abzuhalten. Er warnt seine Mitmenschen nicht. Er versucht nicht, ein paar von ihnen mit an Bord zu schmuggeln. Er ist einfach nur Befehlsempfänger und willfähriger Diener. Er hat kein Gewissen, keine Skrupel, kein Mitleid. Ein sehr unsympathischer Typ.
Vierzig Tage regnet es, 150 Tage steht das Wasser, dann „gedachte Gott an Noah“ – hatte ihn offenbar zwischenzeitlich ganz vergessen – und spülte die Arche auf den Berg Ararat. Er stellt den Regen ein, der Pegel sinkt. Obwohl Noah vom Berg aus eigentlich die beste Sicht haben müsste, schickt er einen Raben und drei Tauben – offenbar ein reines Tier – aus, um sich zu versichern, dass die Flut auch wirklich zurückgegangen ist. Ein ängstlicher Mensch, ein akkurater Beamter Gottes? Erst als der Herr ihn dazu auffordert, wagt sich Noah aus der Arche.
Als erstes errichtet er einen Altar und „opferte Brandopfer“ – „von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln.“ Egal, welche Tiere nun nach alttestamentarischer Hygieneordnung als rein oder unrein gelten: Noah scheint hier ganze Massen von Tieren niedergemacht und abgefackelt zu haben. Den widerwärtigen Gestank nimmt Gott als „lieblichen Geruch“ auf – und lässt Gnade walten: Weil er eh nicht ändern kann, dass der Mensch nun mal „böse von Jugend auf“ ist, will er „nicht mehr die Erde verfluchen.“ Aber sich ganz überlässt er die Menschen dann doch nicht, noch vor den zehn Geboten gibt Gott ein paar Regeln aus: Kein Blut essen, kein menschliches Blut vergießen. Sonst Kopf ab. Gewissermaßen.
Und noch eins: Er schließt mit Noah einen Bund. Dessen Zeichen ist ein Regenbogen. Fortan sollen Noahs Söhne die Welt bevölkern und beherrschen. Aber Sem, Ham und Jafet sind nicht gleich lieb. Zugegeben, Noah provoziert es auch ein bisschen: pflanzt erst mal einen Weinberg und füllt sich ab. Im Rausch liegt er nackt im Zelt. Das Ende einer Orgie. Ham sieht ihn so und erzählt es erstmal brühwarm seinen Brüdern. Die stolpern rückwärts mit einem Kleidungsstück in der Hand in das Zelt, die Augen bloß nicht auf den Vater gerichtet, und bedecken den Nackedei.
Das Ende vom Lied: Ham hat geguckt und ist deswegen schlecht – Gott wurde in seiner Meinung bestätigt und hält sich an sein Versprechen. Keine zweite Sintflut. Ham wird nicht vernichtet, sondern zum Gründervater der Kanaaniter. Ohne mehr über dieses Völkchen zu wissen, steht so schon fest: Von denen ist nichts Gutes zu erwarten.

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