Samstag, 10. Januar 2015
Armer Kain! (Gen. 4)
annette riemer, 22:14h
Ihrer Nacktheit bewusst waren sich Adam und Eva schon im Paradies, aber erst nach ihrer Vertreibung aus dem Garten Eden „erkannte“ der Mann die Frau, wie es so schön verklärend heißt. Von Scham und Furcht wie noch zuvor ist hier keine Rede mehr, aber dennoch geht es recht förmlich zu. Man erkennt einander, eine Kopfsache. Gefühle werden nicht erwähnt.
Kain wird geboren, es folgt Abel. Beide gehen mit Fleiß an die Arbeit: Während Kain als Bauer wirtschaftet, hütet Abel das Vieh. Beide sind „fromm“ und opfern Gott die Früchte ihrer Arbeit. Aber aus unerfindlichem Grund schaute Gott „nicht gnädig“ auf Kain, er gibt Abel den Vorzug. Kain fühlt sich zu Unrecht zurückgestellt und sicher auch in seinem Erstgeburtsrecht beschnitten. Aber seine verständliche Enttäuschung und Wut richtet sich nicht gegen Gott – den gilt es ja zu umwerben – sondern gegen Abel.
Abel muss sterben. Gott wirft Kain diese Tat vor, denn man müsse doch über die lauernde „Sünde vor der Tür“ herrschen und sich nicht von ihr beherrschen lassen. Aber warum hat Gott den Mörder auch erst in Rage versetzt? Er erklärt sich nicht, weshalb tiefere Einsicht in sein Handeln unmöglich bleibt. Er bestraft Kain aber mit ewiger Heimatlosigkeit, der sesshafte Bauer wird zum Nomadendasein verdammt – aber außerhalb der absichernden Gemeinschaft steht er unter dem Schutz Gottes: Ein Zeichen an Kain soll garantieren, „dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“ Und wer dem umherirrenden und entsprechend schutzlosen Kain trotzdem totschlägt, „das soll siebenfach gerächt werden.“
Armer Kain! Was Gott mit dem grundlos Verschmähten, dem vertriebenen, aber doch beschützten Mörder vorhatte, bleibt ein Rätsel. Zumindest trägt Kain zwei Dinge in die Welt hinein: Seine Nachfahren begründen das rastlose Wanderleben ganzer Völkerschaften, nämlich der Nomaden, der Musiker und der Wanderarbeiter. Und er wird zum Begründer der Blutrache. Schon sein Urururenkel Lamech prahlt damit, mehrfach geringe Verletzungen mit Mord gesühnt zu haben. Lamech ist es auch, der als erster Polygamist in der Bibel mit mehr als einer Frau – mit Ada und Zilla – verheiratet ist. Und er legt erstmals ein Gedicht vor: In seinem Lied prahlt er mit seinen Untaten und glaubt sich genau deswegen unter Gottes besonderem Schutz: Würde der Mord an Kain siebenmal, werde der Mord an ihm 77 Mal gerächt. Was für ein Teufelskerl!
Und Gott? Schweigt sich aus. Sieht zu (oder weg), wie östlich von Eden, wohin Kain zog, die Mörder umgehen. Eine äußerst merkwürdige Geschichte.
Kain wird geboren, es folgt Abel. Beide gehen mit Fleiß an die Arbeit: Während Kain als Bauer wirtschaftet, hütet Abel das Vieh. Beide sind „fromm“ und opfern Gott die Früchte ihrer Arbeit. Aber aus unerfindlichem Grund schaute Gott „nicht gnädig“ auf Kain, er gibt Abel den Vorzug. Kain fühlt sich zu Unrecht zurückgestellt und sicher auch in seinem Erstgeburtsrecht beschnitten. Aber seine verständliche Enttäuschung und Wut richtet sich nicht gegen Gott – den gilt es ja zu umwerben – sondern gegen Abel.
Abel muss sterben. Gott wirft Kain diese Tat vor, denn man müsse doch über die lauernde „Sünde vor der Tür“ herrschen und sich nicht von ihr beherrschen lassen. Aber warum hat Gott den Mörder auch erst in Rage versetzt? Er erklärt sich nicht, weshalb tiefere Einsicht in sein Handeln unmöglich bleibt. Er bestraft Kain aber mit ewiger Heimatlosigkeit, der sesshafte Bauer wird zum Nomadendasein verdammt – aber außerhalb der absichernden Gemeinschaft steht er unter dem Schutz Gottes: Ein Zeichen an Kain soll garantieren, „dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“ Und wer dem umherirrenden und entsprechend schutzlosen Kain trotzdem totschlägt, „das soll siebenfach gerächt werden.“
Armer Kain! Was Gott mit dem grundlos Verschmähten, dem vertriebenen, aber doch beschützten Mörder vorhatte, bleibt ein Rätsel. Zumindest trägt Kain zwei Dinge in die Welt hinein: Seine Nachfahren begründen das rastlose Wanderleben ganzer Völkerschaften, nämlich der Nomaden, der Musiker und der Wanderarbeiter. Und er wird zum Begründer der Blutrache. Schon sein Urururenkel Lamech prahlt damit, mehrfach geringe Verletzungen mit Mord gesühnt zu haben. Lamech ist es auch, der als erster Polygamist in der Bibel mit mehr als einer Frau – mit Ada und Zilla – verheiratet ist. Und er legt erstmals ein Gedicht vor: In seinem Lied prahlt er mit seinen Untaten und glaubt sich genau deswegen unter Gottes besonderem Schutz: Würde der Mord an Kain siebenmal, werde der Mord an ihm 77 Mal gerächt. Was für ein Teufelskerl!
Und Gott? Schweigt sich aus. Sieht zu (oder weg), wie östlich von Eden, wohin Kain zog, die Mörder umgehen. Eine äußerst merkwürdige Geschichte.
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