Dienstag, 6. Januar 2015
Immer noch die Schöpfung oder Erst der Kalender, dann der nach Gottes Ebenbild und mit tierischer Hilfe geschaffene Mensch (Gen. 1,1–2,4)
Die Schöpfung zieht sich bekanntlich über sieben Tage hin: Am ersten Tag werden das Licht und damit auch die Dunkelheit geschaffen, am zweiten Tag folgt – über bereits bestehendes Wasser – der Himmel. Am dritten Tag gibt das Wasser ein paar Landteile frei, auf denen Samenpflanzen sprießen. Am vieren Tag dann werden die Sterne erschaffen, mit denen „Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre“ bestimmt werden können – Spätestens hier muss Gott die Schaffung des Menschen also bereits geplant haben, denn wem sonst sollten Kalender und Hilfen zur geografischen Orientierung dienen? Den Samenpflanzen etwa?
Nun gut, am fünften Tag werden Meere und Himmel bevölkert und am Tag darauf kommen die Landtiere, „Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes“, hinzu. Als Krönung der Schöpfung schafft Gott am gleichen Tag den Mensch „zu seinem Bilde“ und „als Mann und Frau.“ Ausdrücklicher als bei den Tieren, die – wie allgemein gesprochen! – „ein jedes nach seiner Art“ sind, wird der Mensch von Anfang an in zwei Geschlechtern gedacht. Ist der zweigeschlechtliche Mensch nach „seinem Bilde“, so müsste Gott Mann und Frau zugleich und zugleich auch getrennt sein. Irgendwie. Eine Steilvorlage für die Gender-Forschung.
Über das Geschlechterverhältnis fällt zunächst kein Wort, aber Gott spricht Mann und Frau gleichermaßen an, wenn er sie auffordert, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und über die Erde zu herrschen. Gemeinsam. Nichts von männlicher Dominanz und weiblicher Demut.
Und noch eine sprachliche Auffälligkeit. Gott ruft: „Lasset uns Menschen machen.“ Wem ruft er das zu, wer schöpfe da ungenannt mit? Da der Mensch als Lebewesen zu Land gedacht und gemacht wird, liegt die Vermutung nahe, dass Gott hier die Landtiere, das nächste Umfeld also, zur gemeinsamen Schöpfung auffordert. So weit liegen Charles Darwin und der Allmächtige am Ende vielleicht doch nicht auseinander? Wer weiß.
Nach diesem sich reproduzierenden Selbstportrait – nichts anderes ist ja der Mensch im Verhältnis zu Gott – ist am siebten Tag endlich Ruhe. Zumindest nach letzten Schönheitsreparaturen und der Generalvisite, denn vor dem großen Schläfchen „vollendete Gott seine Werke.“ Noch eine sprachliche Feinheit, die nicht zu verachten ist. Immerhin war der Sonntag nicht ganz so arbeitsfrei.

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